Mittwoch, 23. November 2016

Buchteln

Buchteln (manchmal auch "Wuchteln") sind ein quaderförmig-rundliches Germteiggebäck, das mit Powidl, Marmelade, Mohn oder Topfen gefüllt oder auch ungefüllt eng nebeneinander in einer Bratpfanne oder Auflaufform oder dem tiefen Blech im Rohr gebacken wird und  entweder nur leicht angezuckert oder mit Vanillesauce auf den Tisch kommt. Wie viele Klassiker der Wiener Küche haben Buchteln ihren Ursprung in Böhmen und Mähren.

Rezepte gibt es dazu in Hülle und Fülle. Ich sammle hier einige davon und werde sie im Laufe der Zeit ausprobieren und kommentieren.


Bei Louise Seleskowitz ("Wiener Kochbuch", 2. Aufl., Wien 1880) finden sich allein acht Rezepte für Buchteln und Dampfnudeln. Das Gebäck wird auch als Germnudeln bezeichnet.

(1199.) Ordinäre Germnudeln: Man gibt in eine tiefe Schüssel 50 Deka Mehl, macht in die Mitte desselben eine Grube, gießt in diese 4 Deka in 1/8 Liter lauwarmer Milch aufgelöste Preßgerm, rührt es ein wenige untereinander und lässt es zugedeckt kurze Zeit stehen.
1/8 Liter Milch, 3 Eidotter, 1 ganzes Ei, 1 gehäufter Esslöffel Zucker und 1/2 Kaffeelöffel Salz werden zusammen gut abgesprudelt, zu dem obigen Dampfel gegossen, gut verrührt und der Teig so lange fein abgeschlagen, bis er sich vom Löffel löst, worauf man ihn zugedeckt an einem warmen Orte noch einmal so hoch werden lässt. Wenn dies geschehen ist, fasst man mittelst eines Esslöffels beliebig große Teigstücke, legt sie auf ein mit Mehl bestaubtes Brett, drückt sie mit bemehlten Fingern von einander, gibt in die Mitte jedes Einzelen 1 Kaffeelöffel beliebige Fülle, über welche man den Teig schließt, und zwar drückt man den Teig über der Fülle mit 4 Fingern zusammen, hebt diese Wuchteln in eine mit Butter bestrichene Kasserole, bestreicht sie an der Seite, wo sie nebeneinander zu liegen kommen, mit zerlassener Butter und behandelt sie ferner wie die "Gewöhnlichen Wuchteln".


Hinweise: 1 Deka = 1 dag = 10 Gramm; Germ = Hefe, Hühnereier waren früher im Durchschnitt kleiner als heute. Eßlöffel und Kaffeelöffel waren etwas größer.

(1200.) Germnudeln anderer Art: Die Bereitung des Teiges ist in der Beschreibung der "Ordinären Germnudeln" angegeben. Nachdem der Teig zugedeckt an einem wamren Orte höher geworden ist, legt man mittels eines Löffels beliebig große Stücke von dem Teige in eine mit Rindschmalz bestrichene Kasserole, legt sie knapp nebeneinander, bestreicht sie jedeoch inzwischen mit zerlassenem Rindschmalz, bedeckt sie hierauf mit einem Tuche und lässt sie an einem warmen Orte stehen, bis sie höher geworden sind, worauf man sie mit zerlassenem Rindschmalz bestreicht, mit 1/2 l kochender Milch, gemischt mit 2 Esslöffeln Zucker, übergießt und 3/4 bis 1 Stunde in der Röhre backt. Nach dieser Zeit wird die Kasserolle herausgenommen, gestürzt, die Nudeln mit Zucker bestreut und zu Tische gegeben.

Hinweis: Rindschmalz ist geklärte Butter (Butterschmalz).
Im Haushaltungsbuch von Susanne Kübler ("Das Hauswesen, dargestellt seinem ganzen Umfang nach in Briefen an eine Freundin", Stuttgart, 1850) findet sich der Hinweis, dass man Schweineschmalz am besten zwischen Martini und Lichtmess (also im Winter) einsiedet, weil Schweine zu dieser Zeit am fettesten und am preisgünstigsten sind, Rindsschmalz hingegen Ende Mai, weil da die Butter am kräftigsten ist.

(1201.) Gewöhnliche Dampfnudeln: Man gibt in eine tiefe Schüssel 60 Deka Mehl, 4 Deka Zucker, 5 Gramm Salz und mischt dieses gut untereinander. In 1/4 Liter ungekochte Milch werden unter beständigem Rühren 2 Deka Germ aufgelöst und so lange auf der warmen Platte gelassen, bis die Milch lauwarm ist, 4 Eidotter und 1 ganzes Ei werden mit 1/8 Liter ungekochter Milch gut abgesprudelt und gleichzeitig mit der aufgelösten Pressgerm in die Mitte des Mehls gegossen, zu einem Teige gerührt und so lange fein abgeschlagen bis sich dieser vom Löffel löst. Nun lässt man den Teig zugedeckt seitwärts des Herdes an einem warmen Orte so lange stehen, bis er um die Hälfte größer geworden ist. In eine mit Butter bestrichene Kasserolle gibt man so viel lauwarme Milch, dass der Boden überzogen ist, dann legt man mittelst eines Löffels eigroße Stücke von dem Teige in die Kasserolle nebeneinander ein, welche aber immer gleich mit zerlassener Butter bestrichen werden müssen. Ist nun die Kasserolle gefüllt, so lässt man sie zugedeckt an einem warmen Orte so lange stehen, bis der Teig etwas höher geworden ist. Man betropft ihn hierauf noch einmal mit zerlassener Butter und backt ihn 3/4 Stunden in der ziemlich heißen Röhre. Nach dieser Zeit wird die Kasserolle gestürzt und mit Kanarien-Milch oder Crême zu Tische gegeben.

Hinweis:  Kanarien-Milch oder Kanarimilch ist mit Eidottern und Zucker heiß abgesprudelte Milch (in Küchenfranzösisch: "Royal").

(1202.) Feine Dampfnudeln: 16 Deka Butter werden flaumig abgetrieben, 1 Esslöffel fein gestoßener Zucker, 1 Messerspitze Salz und 9 Eidotter eines nach dem anderen dazugerührt und dieses mit 2 Deka in 1/8 Liter lauwarmer Milch aufgelöste Pressgerm und 24 Deka Mehl gut vermengt und dieser Teig so lange fein abgeschlagen, bis er sich vom Löffel löst, worauf man ihn zugedeckt an einem warmen Orte stehen lässt, bis er noch einmal so hoch geworden ist. Hierauf gibt man den Teig auf ein mit Mehl bestaubtes Brett, walkt ihn stark fingerdick aus und sticht mit einem Krapfenausstecher runde Platten aus. In eine mit Krebsbutter bestrichene Kasserole gibt man 1/4 Liter Obers, 4 Deka fein gestoßenen Zucker und 4 Deka zerlassene Butter und legt, wenn dieses lauwarm geworden ist, die rund ausgestochenen Teigplatten nebeneinader hinein und stellt die Kasserolle an einen warmen Ort. Wenn der Teig noch einmal so hoch geworden ist, bestreicht man ihn mit zerlassener Krebsbutter und gibt ihn 1/2 bis 3/4 Stunden in die Röhre. Wenn die Nudeln fertig gebacken sind, wird die Kasserolle gestürzt, die Dampfnudeln voneinander gelöst, in einer Schüssel angerichtet und mit Kanarien-Milch oder beliebiger Crême zu Tische gegeben.

(1203.) Gewöhnliche Wuchteln: Man gibt ein eine tiefe Schüssel 60 Deka Mehl, macht in die Mitte desselben eine Grube, gießt in diese 3 Deka in 1/8 Liter lauwarmer Milch aufgelöste Pressgerm, rührt es ein wenig untereinander, bestaubt es etwas mit Mehl und lässt es zugedeckt an einem warmen Orte stehen. 8 Deka zerlassenes Fett, 1/8 Liter Milch, 2 Eidotter, 1 ganzes Ei, 1/2 Kaffeelöffel Salz, 1 gehäufter Kaffeelöffel Zucker, dieses Alles wird zusammen abgesprudelt und zu dem sogenannten Dampfel, aber erst bis es höher geworden ist, gegossen; nun rührt man es so gut untereinander und schlägt den Teig so lange ab, bis er sich vom Löffel löst, worauf man ihn zugedeckt an einem warmen Orte stehen lässt. Wenn der Teig etwas höher geworden ist, fasst man mittels eines Schöpflöffels, welchen man in heißes Fett taucht, beliebig große Teigstücke heraus, legt sie in eine mit Fett bestrichene Kasserole, bestreicht sie jedoch ebenfalls mit zerlassenem Fett, bedeckt sie mit einem Tuche und lässt sie an einem warmen Orte etwas höher werden. Man bestreicht sie dann noch einmal mit zerlassenem Fett und lässt sie 3/4 bis 1 Stunde in der Röhre braten.

 (1204.) Gewickelte Zimmt-Wuchteln (Nudeln): 16 Deka Butter werden flaumig abgetrieben, mit 4 Deka fein gestoßenem Zucker und 1/2 Kaffeelöffel Salz gut vermengt, 5 Eidotter nach und nach dazu gerührt und dieses mit 4 Deka in 1/8 Liter laufwarmer Mild aufgelöste Pressgerm und 30 Deka Mehl gut vermengt, worauf man den Teig so lange fein abschlägt, bis er sich vom Löffel löst; man lässt nun den Teig zugedeckt an einem warmen Orte so lange stehen, bis er noch einmal so hoch geworden ist, worauf man ihn auf ein mit Mehl bestaubtes Blech legt, messerrückendick auswalkt und in 3 Finger lange und 2 Finger breite Streifen schneidet. Diese werden dann mit fein gestoßenem Zucker, gemischt mit Zim[m]t, bestreut, zusammengerollt und knapp nebeneinander in eine mit Butter bestrichene Kasserolle so gelegt, dass die Ränder, nämlich das Ende des aufgerollten Teiges, immer nach oben kommt; die aneinander liegenden Wuchteln werden inzwischen mit zerlassener Butter bestrichen. Die Kasserolle wird nun mit einem Tuche bedeckt und an einem warmen Orte so lange stehen gelassen, bis der Teig etwas höher geworden ist, worauf man ihn mit zerlassener Butter betropft, mit 1/2 Liter kochender Milch, mit 2 Esslöffeln Zucker übergießt und 1 Stunde langsam backt. Nach dieser Zeit wird die Kasserolle gestürzt, die Wuchteln voneinander gelöst, auf einer Schüssel angerichtet und mit Zucker bestreut zu Tische gegeben.

Anmerkung: Ich habe beim Abtippen gerätselt, wie Seleskowitz das mit dem "Ende des aufgerollten Teiges nach oben" meint, aber die Google-Bildersuche ist eindeutig: Gewickelte Zimt-Buchteln werden (heute?) so in die Form gelegt, dass die Schnittkante oben ist, sie in der Draufsicht wie (Zimt-)Schnecken aussehen. Da Seleskowitz das aus der Form Stürzen betont, könnte es aber auch sein, dass tatsächlich das Endstück des eingerollten Teiges oben sein soll und die geschlossene, "schöne" Seite unten.

(1205.) Gefüllte Wuchteln: 16 Deka Butter werden flaumig abgetrieben, 4 Deka fein gestoßener Zucker, 1/2 Kaffeelöffel Salz, 3 Eidotter und ein ganzes Ei werden nach und nach dazu gerührt, dieses mit 3 Deka in 1/4 Liter lauwarmer Milch aufgelöster Pressgerm und 56 Deka Mehl gut vermengt, worauf man den Teig so lange fein abschlägt, bis er sich vom Löffel löst. Man bedeckt den Teig nun mit einem Tuche und läßt ihn an einem warmen Orte stehen. Wenn er höher geworden ist, gibt man den Teig auf ein mit Mehl bestaubtes Brett, walkt ihn kleinfingerdick aus, schneidet ihn in 3 Finger breite und 1 Finger lange Streifen, welche man mit 1 Kaffeelöffel voll beliebiger Fülle, wie Mohn- oder Nussfülle, Powidl oder Marmelade belegt. Man rollt nun die Fülle in den Teig, legt hierauf die Wuchteln in eine mit Butter bestrichene Kasserolle, so dass die Enden des aufgerollten Teiges nach oben kommen, und bestreicht jene Stellen, wo eine Wuchtel die andere berührt, mit zerlassener Butter. Wenn nun die Kasserolle voll ist, bedeckt man sie mit einem Tuche und lässt sie an einem warmen Orte so lange stehen, bis der Teig noch einmal so hoch geworden ist, worauf man ihn mit zerlassener Butter bestreicht und 3/4 bis 1 Stunde in der Röhre langsam backt. Nach dieser Zeit wird die Kasserolle herausgenommen, gestürzt, die Wuchteln voneinander gelöst und mit Zucker bestreut angereichtet.

(1206.) Wuchteln feinster Art: 16 Deka abgetriebene Butter werden mit 1 Esslöffel Zucker, 1/2 Kaffeelöffel Salz und 5 Eidottern nach und nach verrührt, 4 Deka in 1/4 Liter lauwarmer Milch aufgelöste Pressgerm und 56 Deka Mehl dazugegeben, gut verrührt und der Teig so lange abgeschlagen, bis er sich vom Löffel löst, worauf man ihn zugedeckt an einem warmen Orte so lange stehen lässt, bis er noch einmal so hoch geworden ist. Wenn dies der Fall ist, fasst man mittelst eines Esslöffels beliebig große Teigstücke, welche man auf ein mit Mehl bestaubtes Brett legt, mit den bemehlten Fingern voneinander drückt, die Mitte derselben mit 1 Kaffeelöffel beliebiger Fülle belegt, den Teig über derselben mit 4 Fingern zusammendrückt, in eine mit Butter bestrichene Kasserolle hebt, den Teig an der Seite, wo eine Wuchtel an die andere zu liegen kommt, mit zerlassener Butter bestreicht und hierauf mit einem Tuche bedeckt, an einem warmen Orte stehen lässt. Wenn der Teig noch einmal so hoch geworden ist, bestreicht man ihn mit zerlassener Butter und backt die Wuchteln 3/4 bis 1 Stunde in der Röhre. Hierauf werden sie herausgestürzt, die Wuchteln voneinander gelöst und mit Zucker bestreut zu Tische gegeben.

Wespennester heißen zwar anders, sind aber mit Buchteln auch nahe verwandt.

(1207.) Wespennester: 16 Deka Butter werden flaumig abgetrieben, 2 Esslöffel Zucker, 3 Eidotter, 1 ganzes Ei, eines nach dem andern, dazugerührt, 3 Deka in 1/4 Liter lauwarmer Milch aufgelöste Pressgerm und 54 Deka Mehl dazgeben, gut verrührt und der Teig so lange fein abgeschlagen, bis er sich vom Löffel löst, worauf man ihn 1/2 Stunde an einem warmen Orte zugedeckt gehen lässt. Der Teig wird dann auf ein mit Mehl bestaubtes Brett gegeben, messerrückendick ausgewalkt, in 3 Finger lange und fingerbreite Streifen geschnitten, welche man mit fein gestoßenem Zucker, gemischt mit Zimmt, fein geschnittenen Mandeln, Rosinen und Weinbeeren bestreut, dann zusammenrollt, in eine mit Butter bestrichene Kasserolle so nebeneinander legt, dass das Ende des gerollten Teiges oben kommt und der Teig inzwischen, wo ein Nest neben dem anderen liegt, mit zuerlassenem Fett bestrichen wird. Die Kasserolle wird hierauf mit einem Tuche bedeckt und an einem warmen Orte so lange stehen gelassen, bis der Teig noch einmal so hoch geworden ist. Wenn dies der Fall ist, bestreicht man den Teig mit zerlassener Butter und backt ihn 3/4 bis 1 Stunde in der Röhre, nach welcher Zeit man die Kasserolle herausnimmt, stürzt, die Wespennester voneinander löst, auf einer Schüssel anrichtet und mit Zucker bestreut zu Tische gibt.

Im Einleitungskapitel des Buches gibt Louise Seleskowitz folgende Tipps:

Butter verhält sich in inrer Ausgiebigkeit zu anderem Fett folgendermaßen: Statt acht Deka Butter kann man entweder sechs Deka Gänsefett oder Rinderschmalz, Sparbutter [Margarine?] oder Abschöpf-Fett verwenden. Gut ausgekochtes Abschöpf-Fett ist bei Mehl- und Suppen-Speisen anzuempfehlen. Will man Abschöpf-Fett statt Butter verwenden, so rührt man bei 6 Deka 2 Esslöffel kalte, ungekochte Milch tropfenweise ein, wodurch das Fett flaumig und butterartig wird.

Unter klärisierter Butter versteht man Rindschmalz.

Obwohl die Zusammenstellung und Berechnung der angegebenen Masse bei den verschiedenen Mehlspeisen ganz richtig ist, so mache ich dennoch darauf aufmerksam, dass bei trockenem Mehle mehr Flüssigkeit (Milch oder Wasser) nöthig ist, während man bei frisch gemahlenem Mehle wieder weniger bedarf, daher bei dem Zugießen der Flüssigkeiten darauf Rücksicht genommen werden soll.

Sehr wichtig ist, dass man die zu Mehl- und besonders zu Germ-Speisen nöthige Milch (oder Obers) immer in rohem Zustande (ungekocht) verwenden soll, da die Milch (oder Obers) durch das Abkochen schwer wird.

Alles in den Germspeisen Nothwendige soll immer etwas erwärmt vorbereitet sein; die Germ jedoch darf nur in kalter Milch aufgelöst und nie heiß werden, da sonst der Teig nicht gehen und die Speise nicht gelingen würde.

"Tiefe Schüssel" ist gleichbedeutend mit "Weidling".

Nochmals sei bemerkt, dass alle in diesem Buche angegebenen Rezepte - mit Ausnahme derer, bei denen ausdrücklich eine andere Angabe gemacht ist - für 8-10 Personen berechnet sind und dass man, wenn für 4-5 Personen gekocht werden soll, von allen Quantitäten die Hälfte nimmt, während man bei 16-20 Personen das Angegebene verdopelt.

Anmerkungen:  Die Verwendung von Abschöpf-Fett (gemeint ist das Fett, das oben auf einer Knochensuppe schwimmt und abgeschöpft wird) ist zwar sehr nachhaltig, im Sinne von alles wird verwendet, nichts wird weggeworfen, aber für Mehlspeisen würde ich es ohne große Not trotzdem nicht verwenden.

Bei der Verarbeitungstemperatur widerspricht Seleskowitz sich anscheinend: in der Einleitung schreibt sie, dass Germ nur in kalter Milch aufgelöst werden darf, bei den Rezepten steht lauwarm. Nach meiner Erfahrung geht Germteig umso rascher, je wärmer die Zutaten sind. Wenn man es mit der Wärme während der Verarbeitung allerdings übertreibt, geht die Germ so sehr, dass fürs Aufgehen im Backrohr keine Kraft mehr übrig bleibt. Außerdem sind heutige, zentralgeheizte, Wohnungen im Durchschnitt wärmer als Wohnungen vor 100 oder 150 Jahren. Zimmertemperatur ist also in aller Regel ausreichend und die Milch darf durchaus kühl sein, wenn man den Teig nicht sofort ins Rohr schieben will, sondern fürs Formen der Gebäckstücke Zeit braucht. Zimmerwarme Butter lässt sich leichter schaumig rühren und verbindet sich besser mit den Eiern. Wenn man vergessen hat, sie rechtzeitig aus dem Kühlschrank zu nehmen, hilft es, sie in ganz dünne Scheiben zu schneiden und dann zu verrühren.

Die "Wiener Küche" von Louise Seleskowitz gibt es auch online, als E-Book in diversen Formaten, zum Beispiel im Web-Archiv https://archive.org/details/bub_gb_oP8yAQAAMAAJ (4. Auflage, 1883)

Außerdem soll lt. Amazon im Jänner 2017 ein Nachdruck der ersten Auflage herauskommen, herausgegeben vom Severus-Verlag. Dass in der Ankündigung ausgerechnet die heute aus Artenschutzgründen verpönte Schildkrötensuppe angepriesen wird, finde ich allerdings eher merkwürdig. Auch bei einigen anderen Rezepten in dem Buch wird man daran scheitern, dass die betreffenden Tiere in ihrem Bestand bedroht sind und nicht mehr auf den Markt kommen. Aber gerade die Mehlspeisrezepte sind auch für heutige Bedürfnisse gut verwendbar und so erklärt, dass man sie problemlos nachkochen kann.

1 Kommentar:

  1. Die feinsten Buchteln (Rezept Nr. 1206) habe ich gestern probiert. Die werden wirklich sehr fein und sind dank des hohen Butteranteils am nächsten Tag noch saftig. Die Menge reicht für ca. 1 1/2 Bratpfannen durchschnittlicher Größe. Ich habe ca 1/3 Weizenvollkornmehl und 2/3 griffiges Mehl (Type 480) verwendet. Backtemperatur 180° (Ober/Unterhitze), ca. 40 Minuten.

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