Katharina Prato (Süddeutsche Küche, 8. Aufl., Graz, 1872) schreibt zu den Mengenangaben in ihrem Kochbuch: Die Speisevorschriften dieses Kochbuches sind ungefähr auf 3 bis 4 Personen berechnet, doch erleidet diese Regel manche Ausnahme ...
Wenn ein Löffel voll als Maß angegeben ist, so hat man darunter einen Esslöffel zu verstehen, wie man sie von Weißblech in Küchen zu haben pflegt. [Anmerkung: etwas größer als moderne Suppenlöffel.] Bei Löffel voll Fett ist dies meist in trockenem Zustand gemeint, bei Zucker oder Mehl nicht stark gehäuft oder einem Lothe gleich. [1 Loth = 17,5 g]
Um das als Maßbestimmung genannte Seidel (dem Nößel gleich) auch in weiteren Kreisen verständlich zu machen, füge ich bei, dass 20 Loth kaltes Wasser ein Seidel [350 ml] ausmachen, daher ein Töpfchen, welches damit gerade voll wird, als Seidelziment dienen kann. Vier solche Seidel machen eine Maß. [1,4 Liter]
Das Pfund [560 g] ist das östererichische, zu 32 Loth. 12 Eier der gewöhnlichen Hühner machen im Durchschnitt ein Pfund. [1 Ei also 47 g] Zu manchem Backwerke werden sie gewogen, um das Verhältnis derselben zu Zucker und Mehl genauer zu erhalten. Wenn es heißt, 3 oder 4 Eier schwer, so wird die genannte Zahl Eier als Gewicht genommen, wenn aber z.B. steht 8 Loth Eier, so sucht man das genannte Gewicht durch größere oder kleinere Eier herauszubringen, die man dann zur Speise oder, wie bei Wind, das Klar davon verwendet.
Wenn von Semmeln (Weißbrot) die Rede ist, so kann eine ordinäre ungefähr zu 6 [105 g], eine feine zu 3 bis 4 Loth [52,5 bis 70 g] angenommen werden.
Anmerkung: Heutzutage müssen Semmeln (in Österreich) beim Verkauf ein Mindestgewicht von 46 g aufweisen (ausgenommen Jourgebäck). Die Bäckerei Ströck gibt das Gewicht auf der Website mit 50 g an, Anker mit 65 g (Kaisersemmel) bzw. 70 g (Handsemmel), bei Ruetz wiegt die Kaisersemmel 75 g. Ein Semmel-Test der steirischen Arbeiterkammer im Jahr 2010 ergab eine Gewichtsspanne von 44 g bis 85 g. Wenn in einem Rezept größere Mengen von Semmeln vorkommen, zahlt es sich also aus, sie abzuwiegen.
Zu den Mengenangaben generell ist zu sagen, dass Einheiten wie das Loth, das Seidel, das Pfund und so weiter regional unterschiedliche Bedeutungen hatten und sich im Laufe der Zeit auch veränderten. Wenn man also die Zutaten nicht "nach Gefühl" mischen, sondern genau umrechnen und abwiegen will, muss man zunächst recherchieren, was die jeweilige Maßeinheit zur Zeit und am Wohn- bzw. Schaffensort der Autorin oder des Autors bedeutet hat. In meiner Prato finden sich ganz hinten im Buch handschriftliche Notizen mit Umrechnungsfaktoren von Pfund und Loth in Dekagramm, die werden durch die Angaben in der Wikipedia bestätigt.
Links: Wikipedia: Alte Maße und Gewichte in Österreich
ORF: Semmel- und Kornspitztest (16.09.2010)
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