Zubereitung: Man gibt in einen Weidling 1 1/2 l Mehl, macht in der Mitte desselben eine Grube, in welche man 3 Deka in 1/8 l lauwarmer Milch aufgelöste Pressgerm gießt, diese ein wenig verrührt, mit etwas Mehl bestreut und hierauf zugedeckt an einem warmen Orte stehen lässt.
Wenn nun dieses sogenannte Dampfel höher geworden ist, gibt man ein ganzes Ei, 3/8 l Milch und 9, nach Belieben auch 12 Deka zerlassener Butter, 6 Deka Zucker und 1 Kaffeelöffel Salz dazu, worauf man es zu einem Teig rührt und diesen mit den Händen knetet bis er sich von denselben löst. Derselbe wird sodann im Weidling mit einem Tuche zugedeckt und an einen warmen Ort gestellt.
Nachdem der Teig hier noch einmal so hoch geworden ist, formt man einen Stritzel daraus und zwar gibt man den Teig auf ein mit Mehl bestaubtes Brett und teilt ihn in 4 ungleiche Teile, von denen immer einer kürzer als der andere ist; der größte Teil davon wird ebenfalls in 4 Stücke geschnitten, diese in 2 Finger dicke Würste gewälzt, die man hierauf locker zu einem vierteiligen Zopf flechtet, welchen man behutsam in die Länge zieht.
Aus den beiden nächstfolgenden kleineren Teilen, von denen man jeden in 3 Teile schneidet, werden auf die gleiche Weise wie früher zwei Zöpfe (jedoch dreiteilige) locker geflochten, die man dann vorsichtig auch etwas in die Länge zieht. Der noch übrigen vierte Teil wird nun in zwei Würste gewälzt, welche man leicht zusammendreht.
Nun belegt man ein Backblech mit 1 Bogen weißem Schreibpapier, auf welchem man die 4 geflochteten Zöpfe in richtiger Reihenfolge (der vierteilige zuunterst, der zweiteilige zuoberst) zu einem Stritzel formt und diesen mit einem Tuche bedeckt, 1/2 Stunde an einem warmen Ort stehen lösst, nach welcher Zeit man den Stritzel mit aufgeklopften Eiern bestreicht und langsam 1 Stunde in der Röhre backt.
Beim Gehen |
Der Teig kann auch statt zu einem Stritzel zu einem Laib geformt werden, welchen man in ein mit Mehl bestaubtes Backsimperl (Schüssel aus Stroh) gibt und zugedeckt an einen warmen Ort stellt, damit der Teig noch einmal so hoch wird. Ist dies geschehen, so wird der Laib auf ein mit Butter bestrichenes Blech gegeben und weiters wie beim Stritzel verfahren. Nach Belieben können beim Zusammengeben des Teiges sowohl zu dem Stritzel wie zu dem Laib 16 Deka Rosinen gegeben werden.
Quelle: Louise Seleskowitz, Wiener Kochbuch, 2. Auflage, Wien, 1880. (Schreibweise vom Original übernommen. Heute schreibt man Striezel mit ie.)
Anmerkungen: Die oben angegebene Menge ergibt nach dem Backen etwas über eineinhalb kg, ist also eher was für Großfamilien oder eine größere Gästeschar. Der Striezel passt bei mir diagonal gerade noch auf's Backblech.
1 KL Salz kommt mir für einen süßen Striezel etwas viel vor! Ich habe deutlich weniger genommen (ein lila Löfferl von einem Milka-Osterei gestrichen voll).
Statt Schreibpapier kann man im 21. Jahrhundert natürlich Backtrennpapier oder Silikonbackfolie verwenden oder den Striezel auch direkt auf dem Backblech gehen lassen. (Anno 1880 waren die Backbleche aus blankem Eisenblech und wären gerostet, wenn der feuchte Teig längere Zeit darauf liegt.) Und selbstverständlich kann man die Küchenmaschine zum Kneten benützen (Handmixer weniger, denn die werden mit dieser Menge überfordert sein).
Die vierstufige Konstruktion von Louise Seleskowitz wird sehr hoch und ist entsprechend instabil und verrutscht. Leichter geht es, wenn man den Zopf dreistufig macht oder gleich zwei kleinere Zöpfe anfertigt. Die bringt man auch leichter in durchschnittlichen modernen Haushaltsbacköfen unter. Oder: man nimmt die halbe Menge (Rezept weiter unten).
Das Ei zum Bestreichen des Striezels mit etwas Wasser (oder Milch) versprudeln.
Mein Striezel auf den Fotos enthält ca. 30 dag fein gemahlenes Weizenvollkornmehl. Daher ist er leicht gesprenkelt.
Im Backofen |
Fertig gebacken |
Halbe Menge: 45 dag Mehl, 1,5 dag Germ, 1/4 l Milch, 1/2 Ei (oder 1 Dotter), 4-6 dag Butter, 3 dag Zucker, 1Prise Salz. Die andere Hälfte des Eis zum Bestreichen verwenden.
Links: http://www.biographien.ac.at/oebl/oebl_S/Seleskowitz_Louise_1830_1899.xml
https://www.geschichtewiki.wien.gv.at/Wiener_Kochb%C3%BCcher
https://archive.org/details/bub_gb_oP8yAQAAMAAJ
Die kleineren Zöpfe habe ich jetzt schon ein paarmal gemacht. Die halbe Menge ergibt 80 dag Teig, daraus mache ich zwei Viererzöpfe (je 40 dag vor dem Backen, ca 35 dag nachher). Backzeit: 25-30 Minuten. Einen friere ich meistens in Schnitten ein, damit ich länger was davon habe.
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